Teatro Maria Matos, Lisboa
Montag, 26. November 2012
Mittwoch, 14. November 2012
E-Books und Astronautennahrung
„In Zeiten des E-Book(s)“, lese ich gerade in einem
Artikel über den open mike (dem vorgeworfen wird, in eben diesen Zeiten nicht zeitgemäß zu sein) … Aber was für E-Book-Zeiten denn? Welche Relevanz
haben E-Books bisher im Buchverkauf? Wenn ich an die Vehemenz denke, mit der
das Thema „E-Book“ auf der Frankfurter Buchmesse zum wichtigen Thema erklärt
wurde, kann ich nicht umhin festzustellen: Hier will eine Lobby Apparate
verkaufen. Und inszeniert eine Dringlichkeit, die de facto nicht existiert. Es
gibt Liebhaber des E-Books, warum nicht, sie haben ihre Gründe, so wie ich
meine Gründe habe, Liebhaberin des gedruckten Buches, vorzugsweise des
Taschenbuches zu sein. Was mich irritiert, ist die Herablassung, mit der Argumente wie die folgenden quittiert werden: Ich mag das Buch riechen, betasten, will
blättern können, will die Buchrücken in meinem Regal überfliegen, die
Bücherstapel auf dem Boden von einem Platz an den anderen rücken können.
Die
Sinnlichkeit des Buches ist etwas für Nostalgiker, stimmt’s? Schließlich sind
das nur Äußerlichkeiten, es geht beim Buch doch um Inhalte! Wenn Sie dem
zustimmen, so schlage ich vor, Sie ernähren sich zukünftig von Astronautennahrung.
Und bitte keine Sehnsucht nach Wildbraten, Wein und Walnussdessert. Es geht
hier um Inhalte. In den Tuben ist schließlich alles drin.
Montag, 12. November 2012
Wer Beethoven hört
Das Konzerthaus Berlin hatte im letzten Tip eine Werbe-Postkarte
für den Beethoven-Marathon beigelegt:
Nesrin, Andrej, Samira, Cem, Amir, Galina, Florence, Mike,
Elena, Jorge müssen draußen bleiben. Sie fallen nicht unter „alle“. Glauben ja
auch nicht an die deutsche „Leitkultur“. Hören sowieso keinen Beethoven. Oder sind sie möglicherweise unter „und Dich“ zusammengefasst? Das
nennt man wohl Integrierungsverweigerung.
Sonntag, 11. November 2012
Unpolitisch ausgeschlossen
In Greifswald wurden in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag
vergangener Woche sämtliche Stolpersteine aus dem Boden gerissen. „Wegen des
geschichtsträchtigen Datums werde ein politischer Hintergrund nicht
ausgeschlossen“, so ein Polizeisprecher laut taz vom 10./11.11.12. Nicht
ausgeschlossen? Ich verstehe ja, dass man mit Beschuldigungen vorsichtig sein
muss. Aber in diesem Fall von „nicht ausgeschlossen“ zu sprechen, ist blanker
Hohn. Und will uns der Sprecher sagen, an einem weniger „geschichtsträchtigen Datum“
wäre es nicht ausgeschlossen gewesen, dass es sich nur um einen Spaß handelt? Abgesehen
davon: „unpolitisch“ (als vermuteter Gegensatz zu „politisch“) ist eine
existierende Bezeichnung für einen nicht existierenden Sachverhalt.
Freitag, 12. Oktober 2012
Frieden in engen Grenzen
Der Friedensnobelpreis für die EU? Ist das ernst gemeint? An ihren Grenzen sieht sie's nämlich nicht so eng mit dem Frieden, die EU. Wer schippert des nachts auf dem Mittelmeer, es ist Frontex mit seinem Heer ...
Donnerstag, 11. Oktober 2012
Stellen der Schrift in deutscher Sprache nach
Auf der Lesung am vergangenen
Samstagabend im Rahmen der Veranstaltung fernsprechende
in der Lettrétage fragte der Moderator Jörg
Sundermeier Maria Cecilia Barbetta, Artur Becker und Yulia Marfutova: Würdet
ihr gern als deutsche Schriftsteller bezeichnet werden?
Kluge Frage, kluge Antwort der
Befragten: Wir verstehen uns als Schriftsteller deutscher Sprache.
Denn darum geht es: um die
Sprache, in der man seine Texte verfasst, als kleinstem (großen) gemeinsamen
Nenner. Einen anderen gibt es nicht. Es geht natürlich auch um Form, um Inhalt,
beides bekanntlich nicht von Sprache zu trennen, so wenig wie Biographie von
Sprache, Form, Inhalt zu trennen ist. Ein Begriff wie „Migrantenliteratur“
suggeriert jedoch, es gäbe an und in den darunter gefassten Texten etwas, das
sie nicht nur von anderen unterschiede, sondern auch untereinander unverkennbar
verbände. Gibt es einen gemeinsamen Nenner außer der Verwendung der deutschen Sprache
bei der Literatur von Deutschdeutschen?
Die beschworene Gemeinsamkeit
bezieht sich auf gesellschaftliche Aspekte, die zunächst einmal außerhalb der Literatur
liegen. Schnell landet man bei Kategorien wie Frauen-, Lesben-, Schwulen-,
Transgender-, Anders-Befähigten-, Neue Bundesländer-, jüdische Literatur,
Kategorien, die sich mit einfachen Fragen ad absurdum führen lassen: „Wenn ich als Lesbe über jemand heterosexuelles schreibe, ist
das dann noch Lesbenliteratur?“ „Wenn ich als jüdischer Schwuler schreibe, ist
das dann jüdische Literatur oder Schwulenliteratur?“
Welche Kriterien müssen für das
„Label“ Migrantenliteratur erfüllt sein? Muss man außerhalb von Deutschland
geboren sein? Gibt es ein Mindestalter, in dem man frühestens die deutsche Sprache erworben haben darf? Spielt es eine
Rolle, ob man seine Muttersprache überhaupt mehr als radebrechend spricht? Ob
der Vater Ausländer ist oder die Mutter, oder beide? Und, Deutschland ist nicht
gleich Deutschland, ob man aus Ost- oder Westdeutschland kommt? Was ist mit
einer eingewanderten Österreicherin, einem eingewanderten Schweizer deutscher
Sprache?
Schreibe ich Migrantenliteratur? Meine
erste Muttersprache ist nicht deutsch, ich habe auf Französisch sprechen und
lesen gelernt; ich bin mit und zwischen zwei Kulturen und Sprachen aufgewachsen,
und das spielt in meinen Texten oft eine Rolle; meine Mutter ist Ausländerin
(und ging in der brd der 60er Jahre ausschließlich in den damals noch seltenen
Supermärkten einkaufen, nur um nicht sprechen zu müssen und als Ausländerin
aufzufallen). Ja, mir ist manches in diesem Land fremd (wie anderen auch, wie
an anderen Ländern auch), ich fühle mich manchmal fremd – aber ich bin in
Deutschland zu Schule gegangen, bin auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden
von Deutschdeutschen, komme aus einem bücher-, vorlese-, lesebegeisterten Haushalt,
mit anderen Worten: Ich hatte alle Privilegien, die mir ein gute Bildung
ermöglichten. Was gern als kultureller Unterschied beschworen wird, ist meist
eine Frage der Privilegien (die man auch „Zugang zu Menschenrechten“ nennen
könnte, nur dass diese eben nicht für alle gelten). Jemand aus einem „bildungsfernen“ deutschdeutschen Haushalt (Bildung als ferne Insel) wird
es schwerer haben, Schriftsteller deutscher Sprache zu werden, als jemand mit
aus deutscher Sicht „ausländischen“ Eltern aus einem literaturbegeisterten
Haushalt.
Dies steht neben der Tatsache,
dass es im alltäglichen Leben sehr wohl einen Unterschied macht, ob ich einen
deutschen Pass besitze oder nicht, ob mein Aussehen dem Bild entspricht, das in
dieser Gesellschaft als „deutsch“ betrachtet wird, und ja, man traut in diesem
Land Nicht-Muttersprachlern nicht wirklich zu, einen „ordentlichen“ deutschen
Text zu verfassen … Mit anderen Worten, diese Gesellschaft (sagen wir: die
Welt) ist eine hierarchische, und das tückische an „Labeln“ (gern auch
„Identität“ genannt) ist ja, dass sie einerseits Bewusstsein für diese
Hierarchien schaffen wollen und können, dass sie sie aber zugleich zementieren.
Wie wäre es, wenn Kritiker die zu
besprechenden Texte ohne Namen, Photo oder biographische Daten bzgl. Herkunft,
Muttersprache, Geschlecht (u.a.) erhielten? Und einfach nur schrieben:
Schriftsteller deutscher Sprache? Schriftstellende deutscher Sprache? (Aber
dies ist wiederum eine andere Diskussion …) Stellen der Schrift in deutscher
Sprache nach?
Donnerstag, 4. Oktober 2012
Ja, ist es denn ein Wunder?
Ich bin immer wieder fassungslos, dass in der Diskussion um
zukünftige Renten bestimmte Rentenansprüche ganz selbstverständlich an die
Bedingung gekoppelt werden, privat vorgesorgt zu haben! Um vom Staat eine
bestimmte Leistung zu erhalten, wird man gezwungen, die Privatwirtschaft zu
bereichern. Ingo Schulze schreibt in seinem Essay „Unsere schönen neuen
Kleider. Gegen die marktkonforme Demokratie -- für demokratiekonforme Märkte“ (Hanser 2012): „Kann eine private Versicherung, die per se
verpflichtet ist, Gewinne zu machen, überhaupt im Interesse der Versicherten
sein?“
Warum ist (meines Wissens) noch nie darüber diskutiert
worden, einen zusätzlichen, staatlichen Rentenfonds einzurichten? Stattdessen
zahlt der Staat Bestechungsgeld dafür, dass seine Bürger ihr Geld zu privaten
Versicherern mit dem Nachnamen Riester tragen.
Ich weiß, ich sollte meine Fassung behalten oder sie längst
endgültig verloren haben, denn es handelt sich nur um ein Mosaiksteinchen in der
angestrebten Privatisierung so ziemlich aller Lebensbereiche, die da wären:
Krankenversicherung, Rentenversicherung, alle erdenklichen sonstigen
Versicherungen, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Medien, Bibliotheken,
Kulturveranstaltungen und -institutionen, Kulturförderung, Forschung, Transportwesen
(Bahn, Bus, Flugzeug), Plätze, Straßen, Strände, Seen, Armeen, Nachtwächter und
andere Sicherheitsleute, Grenzsicherung (auch: der europäische Schutzwall gegen
Flüchtlinge genannt), habe ich was vergessen?
Gemeinwohl geht über Privatwohl? Das Private ist politisch?
Heutzutage wird die Politik privatisiert. Und zwar in großem Maße, denn die
derzeitige Politik in Europa läuft unter dem Deckmantel der „Sachzwänge“ darauf
hinaus, die Staaten so handlungsunfähig zu machen, dass sie klein beigeben und
nur noch, ja was? Organisatoren von freien Wahlen sind? Und damit den Beweis
erbringen, dass es sich noch um Demokratien handelt?
„Ja, ist es denn ein
Wunder?“ sang Nina Hagen, und nein, es ist kein Wunder, denn diejenigen, die in
Sachen Europapolitik die Entscheidungsmacht haben, brauchen ja irrwitziger Weise keinen
Staat (oder denken, sie brauchen ihn nicht): Sie sind zumeist wohlhabend genug, um ihre Kinder in private Schulen, in
privaten Musik-, Schwimm-, sonstigen Sportunterricht zu schicken, genug, um
sich in allen Bereichen privat zu versichern, um sich Bücher zu kaufen und
teure Tickets für Kulturveranstaltungen zu leisten, um Taxi zu fahren und in
Privatjets zu reisen, sich Wassergrundstücke zu kaufen, die sie hinter hohen Zäunen verbergen … habe ich was
vergessen?
Mittwoch, 26. September 2012
Es kommt immer drauf an
Einer der Befragten zu Kohls Besuch in Bundestag sagte
gestern, er sei beeindruckt gewesen, wie Kohl über die Tatsache hinweggesehen
habe, dass er von Parteikollegen wegen der Spendenaffaire nicht besonders gut
behandelt worden sei.
Wäre so ein Kommentar in einem anderen Zusammenhang möglich? Achtung Rhetorik: wäre er nicht, jedenfalls nicht in diesem: "Anlässlich der
langen Nacht der Ladendiebe durfte Ladendieb Henrik Kraut aber dann doch die
heiligen Hallen des Konsumtempels
betreten. Er sah darüber hinweg, dass er jahrelang Hausverbot gehabt hatte und
freute sich über die Einladung".
Oder wie sähe die Argumentation, mit der die Abgeltungssteuer
eingeführt wurde, in einem anderen Kontext aus? Kleine Erläuterung: Seit
2009 führt die Bank 25 % Steuern auf Kapitalerträge ans Finanzamt ab,
wo bis dahin die Bürgerinnen und Bürgern des Landes diese Erträge in
der Steuererklärung selbst angaben (oder eben nicht). Das heißt, bis zu dieser
Reform wurden Kapitalerträge mit dem gleichen Satz wie Erwerbseinkommen
besteuert, nach heutiger Lage also bis max. 45%. Die Begründung, mit der diese
potentiell fehlenden 20% Steuereinnahmen den Besserverdienenden geschenkt
wurden, lautete: Besser 25% als Steuerbetrug und gar nichts.
"Werte Kundinnen und Kunden! Zukünftig erhalten Sie die Hälfte Ihrer
Einkäufe gratis, um das Risiko des Ladendiebstahls herabzusetzen. MfG, Ihr
Geschäftsführer."
Aber leider will Herr Rösler nur von unten nach oben
umverteilen, auf keinen Fall jedoch von oben nach unten …
Donnerstag, 13. September 2012
Donnerstag, 16. August 2012
Anderer Blick auf die Kuh
Dass Deutschland sich traditionell als Opfer fühlt, ist bekannt
– neuerdings fühlt man sich als arme, immer nur gemolkene Milchkuh unter den
europäischen Kühen … Dieser Artikel aus der Freitag ("Die Schmarotzer aus dem 'Club Med'", von Gabriela Simon) zeigt eine andere Sicht auf
die Kuh, die auch gerne mal grast. Merci!
Dienstag, 7. August 2012
Zielgruppe verfehlt
Als ich neulich einen Artikel über personalisierte Werbung
auf Facebook las, dachte ich: seltsam, bei mir ist keine personalisierte
Werbung, das wäre mir aufgefallen, haben sie mich vergessen? Ich lenkte also
den Blick auf die rechte Spalte, über die ich sonst flüchtig hinwegsehe, ohne
sie zu lesen, und fand folgende Themen beworben:
Bauch-Beine-Herz (Quiz)
Bademode
Abnehmen
Antialterung
Abendkleider
Schuhclub (Abbildung: höchsthackige Schuhe)
(alternativ:
Schick zur Hochzeit
Singles)
Bestätigendes inneres Nicken meinerseits: also doch
vergessen worden, nichts personalisiert hier, hat alles mit mir (aber sowas
von) nichts zu tun!
Aber dann fiel mir ein ... dass das einzige Kästchen, das ich bei der Erstellung "meiner" Seite angekreuzt habe (und auch nur, weil ich eines der zwei zur Verfügung stehenden Kästchen
ankreuzen musste), die Geschlechtszuordnung betraf. Mit anderen Worten: Für facebook bin ich eine Frau, und sonst gar nichts.
Wenn diese Werbung sich aber an das richtet, was facebook-Macher
(ja, mit „ch“) für Frauen halten, dann schließe ich umgekehrt daraus: Ich bin
keine Frau! (Was Monique Wittig an anderer Stelle längst festgestellt hat.)
Mittwoch, 1. August 2012
Montag, 18. Juni 2012
Und das nächste folgt sogleich
(Man beachte die Farbwahl!)
Nun weiß ich also, dank des Kommentators (siehe voriger Artikel), dass Nike
dahinter steckt. Aber ganz so viel Geld wollen sie offenbar nicht ausgeben,
denn sooo flächendeckend ist das nun nicht plakatiert. Sieht eher aus wie „wir
rufen ein paar Kumpels an und plakatieren ein wenig“. Soll es vermutlich
auch. Aber das ist ein anderes Thema.
Freitag, 15. Juni 2012
Häme um der Häme Willen
Plakatierte Plakate
lassen sich üblicherweise einer der folgenden Kategorien zuordnen: Werbung
(meist), Politik (manchmal), Kunst (selten). Politik+Kunst+Sport+Ironie, dachte
ich, als ich das Plakat „oh oh oh obrigado“ sah, und freute mich nicht nur über
diese gelungene Kombination, sondern auch über portugiesische Sprache in
deutscher Öffentlichkeit (sehr selten). In Deutschland lebende Portugiesen
bedankten sich hiermit, so dachte ich, für die deutsche Besserwisserpolitik in
Sachen Wirtschaft und Europa und ihre Implikationen für Portugal, bedankten
sich auch, mit einen selbstironischen Augenzwinkern dafür, dass die seleção PT gegen die seleção DT verloren hat.
Was das Hirn sich für
Konstruktionen ausdenkt, nur um so etwas Ähnliches wie Logik herzustellen!
Gestern nun, ein Tag nach
dem Spiel seleção NL gegen seleção DT stieß ich auf dieses Plakat, ich
begriff meinen Irrtum und fand das überhaupt nicht mehr lustig.
Warum plakatiert man
Plakate, die nichts anderes sagen als „Deutschland hat gewonnen“, wenn nicht
aus Häme? Und war das Portugal-Plakat wenigstens noch originell, so ist das
Niederlande-Plakat geschmacklos. Niederländische Niederlage Ausrufzeichen? Da war doch was,
remember 1940? Und was skandieren deutsche Fans nach deutschen Toren im
Stadion, dunkel und dumpf? Höre ich da „Sieg“? Ich bin gespannt, was sich die
„Künstler“ noch so einfallen lassen, falls Deutschland weitere Spiele gewinnt.
Dänemark wäre das nächste anvisierte Land …“Und morgen die ganze Welt“????
Abonnieren
Posts (Atom)