Mittwoch, 18. Dezember 2019

Wahnsinn im Alltag 19

In der Buchhandlung: "Meinen Sie, das Buch ginge? Mein Neffe ist 31, aber eher reif."

Samstag, 26. Oktober 2019

Chile Chile Chile





Meine Freundin G. erzählt: „Die Chilenen damals bei den Demos in Wien, immer gut drauf, immer mit Musik, die können demonstrieren!“. Können sie immer noch. Die Bilder der „Marcha pacífica más grande de Chile“ sind einfach unglaublich. Mehr als 1,5 Millionen Menschen sind allein in Santiago de Chile auf die Straße gegangen. Sie lassen sich nicht mehr von Piñeras Drei-Groschen-Versprechungen hinters Licht führen. Sie wollen strukturelle Veränderungen. Sie wollen eine verfassungsgebende Versammlung. Mir kommt es so vor, als sei ein zutiefst gespaltenes Land – zwischen arm und reich; aber in großem Maße auch darüber, wie die Zeit der Diktatur unter Pinochet zu bewerten sei – erstmals wieder zu einem Land von Bürgern geworden, die zusammen etwas erreichen wollen. Die Proteste sind „una grande fiesta de liberación, de decir no“ (Alejandro Goic), ein großes Fest der Befreiung, sie sagen nein“,man kann den Elan, die Entschlossenheit, die Erleichterung auf jedem Foto sehen. Die Ausgangssperre, deren Uhrzeit jeden Tag neu angesagt wird (in Valparaiso schon um 18 Uhr) hat von vorneherein niemand beachtet. Im Gegenteil, auch in der Nacht geht das „Klackklack“ der Revolte, die „cazeroladas“, das Schlagen auf Töpfe und Dosen, weiter. Und Victor Jara, 1973 im Estadio Chile ermordet, bekommt eine späte, neue Ehre: Sein Lied „El derecho de vivir en paz“ ist so etwas wie die Hymne der Bewegung.
Zugleich ist nach wie vor die Armee auf der Straße, zirkuliert mit Panzern und zu Fuß zielt und schießt auf Leute, offiziell zugegeben wurden bisher 5 Tote durch die Armee. Es könnten durchaus mehr sein. Vorwürfe von Vergewaltigungen, Misshandlungen, Folterungen. „Die Diktatur hat nie aufgehört“, liest man auf Plakaten. Und auch wenn sich Piñera entschuldigt hat: Kann man entschuldigen, dass jemand sagt: „Wir sind im Krieg gegen einen mächtigen Gegner“ und seine Bevölkerung meint, und Maßnahmen ergreift, die direkt aus der Pinochet-Diktatur ins Heute zu reichen scheinen?
Proteste gab es auch schon im Mai gegen die Bildungsreform, die vorsieht, den Geschichtsunterricht in der Schule zu einer freiwilligen Angelegenheit zu machen; sie wurden sofort kriminalisiert und heftig bekämpft. Die Demonstration der Arbeiter im öffentlichen  Gesundheitswesen, die Dienstag stattfand, war schon vor den Protesten geplant gewesen. Im Juli wurde die Finanzierung der nationalen Filmproduktion so gut wie gestrichen (letzten Sommer schon für das öffentliche Fernsehen), auch hiergegen wurde mobilisiert. Den aktuellen Protesten voraus ging der Aufruf von Schülern und Studierenden, ohne Ticket zu fahren (kleines Detail: Metrotickets kosten zur Rush-Hour mehr; was einen Politiker dazu veranlasste zu sagen: sollen sie doch einfach eine halbe Stunde früher zur Arbeit fahren), der von immer mehr Menschen befolgt wurde. Als der Staat dagegen vorging, kam das Fass zum Überlaufen. Man kann nie wissen, wann ein Fass überläuft, ja, nicht einmal, ob es überläuft. In dem Fall hat dieses Überlaufen Geschichte gemacht. Ich hänge an meinem Bildschirm und habe Tränen in den Augen. Und kann nicht anders: Ich habe Hoffnung.
(die Informationen zu diesem Artikel stammen aus eigener Erfahrung, aus Gesprächen mit Freunden, aus dem, was sie im Netz hochgeladen und geschrieben haben, aus dem Netz insgesamt)


Samstag, 12. Oktober 2019

Wahnsinn im (leider) Alltag

Wenn zwei Menschen ermordet werden und weitere 80 um ein Haar ermordert worden wären, ist das ein Alarmzeichen und kein Verbrechen. Das geht schnell mit der Verschiebung der Maßstäbe.

Samstag, 14. September 2019

Wahnsinn im Alltag 18


Ich kaufe im Internet ein Ticket für eine Lesung (8 €). Mir wird eine Ticketversicherung empfohlen (0,99 €). Falls etwas dazwischen kommt, erhalte ich mein Geld zurück (7,01 €). Ich klicke auf „nein, danke“. Ein weiteres Fenster öffnet sich, zwei Möglichkeiten: „ich möchte keine Ticketversicherung“ (sagte ich doch schon), und „Ich trage das volle Risiko“. Mir war nicht klar, dass Lesungen eine Gefahr für mein Leben bedeuten. Ich beginne zu zweifeln. Soll ich wirklich hingehen, und wenn ja, soll ich mich nicht doch zumindest für das halbe Risiko entscheiden? Werde ich auch gegen unangenehme Gerüche oder gar, Obacht! falsche Worte versichert? Was, wenn mir jemand auf lebensgefährdende Weise seine Bitter Lemon in den Ausschnitt schüttet?

Mittwoch, 14. August 2019

Wahnsinn im Alltag 17

"gefolgt von niemandem, dem du folgst" (Folgelogik auf einer beliebten Newmediaseite)

Samstag, 13. Juli 2019

Wahnsinn im Alltag 16

Alle bemühen sich jetzt um einfache Sprache, aber dann schreiben sie so etwas wie: "Berlin based Künstlerinnen" und "Lectures", statt, so verständlich, dass es meine Eltern auch verstehen: "in Berlin lebende Künstlerinnen"  und "Vorträge"....

Freitag, 1. März 2019

Wahnsinn im Alltag 13

"Meine Damen und Herren, wir sind gut an den Baustellen vorbeigekommen und erreichen nun pünktlich Wolfsburg". Sind Baustellen Wegelagerer, die uns auflauern? Hat der Zug sie geschickt umfahren?