Samstag, 13. Januar 2024

Samstag, 25. November 2023

 NEU ERSCHIENEN:

irgendetwas dazwischen. Gedichte. Mit Illustrationen von Anja NolteVerlagshaus Berlin 2023.



Überall Ordnungen: Einordnung, Zuordnung, Unterordnung. Irgendetwas dazwischen ist ein Plädoyer für die Unordnung. Im Fokus steht der Austragungsort so vieler Ordnungsversuche: der Körper. Körper lässt sich nicht säuberlich zusammenfalten und in Identitätsschubladen stecken. Es geht Odile Kennels Gedichten um Ausfaltung, um Entfaltung — und um den vermeintlichen Ordnungsapparat schlechthin: Sprache. Kennels Gedichte sind dabei immer und immer unbedingt sinnlich: Sie bewegen sich über Sprachen hinweg, tauchen in Klang, mäandern, rumpeln, verlieren manchmal den Kopf — verspielt, verliebt, verzweifelt. Sie sind auf der Suche: nach etwas, das nicht nur benennbar, nicht nur denkbar, sondern auch lebbar ist.



Dienstag, 29. November 2022

@verkehrswende jetzt!


Berliner Verkehrspolitik: Nun ist also die Charlottenstraße Fahrradstraße, nach einem halben Jahr Friedrichstraßen-Hin-und Her. Mir fiele da schon eine Lösung für die Friedrichstraße ein: Bezahlbare Mieten, so dass dort Menschen wohnen und kleine, nette Cafés und Kneipen sich ansiedeln können. Das würde die derzeit Geister-Friedrichstraße enorm beleben! 

Zur Charlottenstraße: will man von Kreuzberg nach Mitte, steht man ab unter den Linden auf einer Einbahnstraße in Gegenrichtung. Will man von Mitte nach Kreuzberg, fährt man ab Rudi-Dutschke-Straße auf Kopfstein. Liebes Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, liebes Bezirksamt Mitte , grenzüberschreitende Kooperationen sollten doch 2022 kein Problem sein! Bezirksämter aller Bezirke, bezirzt euch! Zusammen sind wir stärker! Verkehrswende jetzt!

Dienstag, 12. Juli 2022

gottgewollt

"Da wir in einer Marktwirtschaft leben, ist es den Ölkonzernen bzw. Tankstellen freigestellt, ob sie die Steuersenkungen an die Kunden weitergeben. Sie können die Steuersenkung auch ganz oder teilweise als Gewinn für sich oder die Mineralölkonzerne einbehalten. Wegen des Wettbewerbsdrucks und der öffentlichen Beobachtung kann es aber gut sein, dass die Preise an den Tankstellen tatsächlich sinken. In dem Fall zahlst Du über drei Monate deutlich weniger für Benzin und Diesel." (www.forbes.com)

Es hätte gut sein können. Und wer Fahrrad fährt und gar kein Auto hat, hätte auch gut einen Rabatt gebrauchen können, wenn es denn einen gegeben hätte, aber es hat ja eh keinen gegeben. Also: alles gut!

Dienstag, 25. Januar 2022

Laterne, Laterne

 „Quer“denkern mit wissenschaftlichen oder moralischen Argumenten begegnen zu wollen, ist völlig sinnlos, nicht, weil sie so unwissenschaftlich oder unmoralisch oder dumm wären – sondern weil es hier gar nicht um Wissenschaft geht, nicht um Covid, nicht um Masken, nicht um Impfpflicht. Die Pandemie ist allenfalls ein Auslöser, weil sie tiefe Ängste berührt und kollektive Traumata an die Oberfläche spült (so sie je darunter waren). Der „Quer“denker-Diskurs ist, denke ich, deshalb für so viele attraktiv, weil er historische „Entschuldung“ verspricht, anders gesagt, die Relativierung der Naziverbrechen, insbesondere die Relativierung der Shoah. „Impffaschismus“; „wir sind die Juden von heute“, „die Impfkampagne ist der größte Genozid der Menschheit“ – es geht darum, sich als          „eigentliche“ Opfer darzustellen,  so wie schon die Eltern, Großeltern, Urgroßeltern nach 1945 (damals Bomben, Hunger). Ja, ich denke, das ist der eigentliche Grund, der diese „Spaziergänger“ mit ihren Lampions (und alle ihre Vorgänger) auf die Straße treibt. Wenn es also irgendein Argument gäbe, dann das, den Irrsinn dieser Vergleiche deutlich zu machen – was aber wiederum ebenfalls sinnlos ist, denn es geht ja darum, diese Vergleiche „endlich laut aussprechen zu dürfen“. Quite ratlos und scared.

(Aktualisierung vom 11.5.2020)

Dienstag, 5. Oktober 2021

Neu! In jeder gut sortierten Buchhandlung oder beim Verlagshaus Berlin bestellbar. Jetzt schon in der zweiten Auflage!



Montag, 21. Dezember 2020

@stadtsprachen

Ich freue mich sehr, Teil der Stadtsprachen  zu sein, dem wunderbaren vielsprachigen Magazin der Veranstaltungsreihe @parataxe in Berlin. Hier in der Berliner Zeitung  hatte ich mit Cornelia Geißler über das Schreiben zwischen den Sprachen gesprochen (auf Deutsch, in dem Fall). 

Aus der Serie: poèmes de désamour. Gedichte über das Entlieben 


Dienstag, 15. Dezember 2020

Gedanken zu Weihnachten

Okay, ich bin fein raus, ich feiere seit Jahren Weihnachten nicht oder wenn, dann mit Freund·innen, meine Eltern, meine Schwester und Neffen sehe ich zu anderen Gelegenheiten (2020 zählt leider nicht dazu), Geschenke gibt’s nur für die Kinder – trotzdem frage ich mich, was würde ich tun, wenn es anders wäre? Und denke: Sind nicht gerade Rituale dafür geeignet (eben weil sie sich wiederholen und irgendwann wieder möglich sein werden), sie im Notfall ganz anders zu gestalten? Indem man gerade die Kinder mit einbezieht, erklärt, warum alles ganz anders ist, sie kreativ sein lässt, selbst kreativ ist? Und ein Weihnachten feiert, das unvergesslich ist, weil man aus den Umständen etwas Besonderes gemacht hat? Vielleicht sogar auf Ideen kommt, die man in die nächsten Jahre mitnimmt? Statt daran festzuhalten, alles unbedingt wie immer zu machen, und übrig bleibt ein hässliches Weihnachten, eines der gescheiterten Versuche … (gilt für andere Feste auch, aber dieses hier ist gerade so präsent allerorten)

Freitag, 11. Dezember 2020

Begriffe in der Pandemie

 

Ich bitte um die Aufnahme zweier Wörter in den Duden:

1) Zoomutung

2) Glühweinstrich (©Nicoletta Grillo)

Begriffe in der Pandemie: harter Lockdown

Nur damit kein Missverständnis aufkommt: Für alle, die in der Kultur und der Gastronomie ihr Brot verdienen und ihre sozialen Kontakte habe, ist dies bereits ein harter Lockdown.

Wenn der jetzt angekündigte harte Lockdown darin besteht, keine Klamotten und elektronischen Endgeräte mehr einkaufen und Glühwein trinken zu können und sich nicht mit mehr als fünf Personen in einer Wohnung zu treffen, dann ändert der harte Lockdown an meinem Leben exakt: nichts. Ich bin schon seit Wochen im harten Lockdown.

Und wie nennen wir dann den Lockdown in Frankreich, Argentinien, Brasilien? Ultraharter Lockdown?

P.S. Fünf Personen in einem privaten Raum? Wie ging das nochmal?

Donnerstag, 12. November 2020

Neues Normal

Wenn es nicht mehr die Orte gibt, wo andere Lebensentwürfe, sagen wir ruhig: Utopien ausgesponnen werden – und wo anders als in der Kunst geschieht das, und um Tische herum, beim gemeinsamen Essen und Trinken – überlassen wir das Terrain endgültig denen, die die Welt mit Verschwörung erklären, die sich auf die Leerstelle der fehlenden Utopie gesetzt haben … Dann sind wir beim antipoetischen Ground Zero des Neoliberalismus angekommen: Alles muss nützlich sein.

Die abends leergefegte Stadt im Winter tut weniger weh als der leere Frühling. Weil aber das Leben tagsüber tut, als sei nichts gewesen und mein Tagsüberkörper sich bewegt und arbeitet wie immer, fühlt es sich an, als wäre der abendliche Teil meines Körpers, der auf Bühnen steht, und an Kneipentischen sitzt, abhandengekommen.

Ah, ich habe das Virus zwei Paragraphen lang nicht erwähnt. Natürlich weiß ich, dass wir uns in einer Pandemie befinden. Aber „the new normal“? Never.

Mittwoch, 2. September 2020

Wahnsinn in Deutschland

Irgendwie hat dieses Land einen Hang zur Unverhältnismäßigkeit. Ein Lappen, den man zum Einkaufen aufsetzen muss, mobilisiert 40.000 Menschen. Für einen Lappen laufen sie Hand in Hand mit Nazis. Sie sind vermutlich versichert gegen Gefahren, von denen man nicht wusste, dass sie existieren, und fühlen sie sich von einem Lappen und einem Lockdown, den es für Privatpersonen nie gab, in ihrer Freiheit eingeschränkt. „Lieber sterben, als ein Leben in Angst“, sagen die Weltmeister der Sicherheit. Doch ja, das macht mir Angst.

Weitere Gedanken zu #b2908

Also, wir üben das jetzt mal: Sagen Sie zehnmal hintereinander den Satz „Seit 1990 haben Rechtsextreme in Deutschland 208 Menschen umgebracht", ohne dabei das Wort „linksextrem“ im selben Atemzug zu nennen.

Und noch eine kleine Anregung für die Phantasie: Wären die rot-weiß-schwarzen Flaggen am vergangenen Samstag das gewesen, was sie gerne wären, hätten wir ein Meer an Hakenkreuzflaggen gehabt. #b2908

(ich folge bei den Toten der Zahl der Amadeu-Antonio-Stiftung)

Montag, 11. Mai 2020

Ungeordnete Gedanken über die verschwörerische Mitte (reden wir mal über Analogien)


Wenn derzeit von der gesellschaftlichen Mitte die Rede ist, die sich auf den „Hygienedemos“ von Rechtextremen vereinnahmen lasse, stutze ich. Wenn das die Mitte ist, die sich bereitwillig aberwitzigen, völlig kruden, wissenschaftsfeindlichen, antisemitischen Thesen hingibt, dann haben wir ein Problem mit der Mitte. Ich sehe mir die Videos im Netz an, die Gesichter derer, die interviewt werden und die sich über die Einschränkung ihrer Grundrechte, ihrer (Impf- und Einkaufs-)Freiheit durch den bösen Staat empören: Und ich kann nicht umhin, ich sehe in diesen Gesichter die beleidigten Gesichter ihrer (in der einen oder anderen Form) Nazi-Eltern-, Groß- oder inzwischen Urgroßeltern, die sich nach 1945 betrogen fühlten, weil sei den Krieg entgegen aller Versprechungen nun doch verloren hatten, die sich ungerecht behandelt fühlten, weil sie doch auch gelitten hatten und nur eines wollten: die größten Opfer sein, nur um sich nicht damit auseinandersetzen zu müssen, dass sie Täter gewesen waren. Die auch lieber nirgendwo hin schauten, nicht in die Länder, die sie bombardiert, ausgeplündert oder ausgehungert hatten und denen es nach dem Krieg nun auch nicht gerade gut ging, und vor allem nicht auf den industriellen Massenmord, der heute als Shoah bezeichnet wird und dessen Rädchen oder Triebwerke sie gewesen waren. Die Demokratie (in der Brd) empfanden sie als auferzwungen, arrangierten sich irgendwann mir ihr, weil sie ihnen Wohlstand brachte. Den Sozialismus wohl ebenso, und wenn der zwar keinen Wohlstand im Sinne der Brd brachte, so doch immer eine offizielle „Entlastung“, auf der richtigen Seite gestanden zu haben (auch wenn das für die meisten Familien vermutlich eher nicht der Fall gewesen war). 
Heute wie damals: Viel Gefühltes, wenig Fakten, bzw. deren Leugnung.
Und ich weiß ja: Ab dem 9.5.1945 die Bemühungen, den NS und die Shoah zu relativieren oder zu negieren nie abgerissen – trotzdem muss ich schlucken, dass in 2020 so laut und hörbar die Corona-Maßnahmen mit dem Ermächtigungsgesetz verglichen werden, die Zeit nach Corona mit der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, Mengele und „Menschenexperimente“ und „Rassegesetze“ in Analogie zur heutigen Situation gesetzt, ja, sogar Armbinden mit gelben Sterne getragen werden!!!! (Mir lässt schon das Wort „Hygiene“ die Haare zu Berge stehen) Ganz zu schweigen von dem klassisch verschwörungsideologischen Topos der „jüdischen Weltverschwörung“, nach dessen Muster sich der Bill-Gates-Hass manifestiert … Der Boden, auf dem sich die Mitte bewegt, ist offenbar immer noch so fruchtbar, dass diese „Reflexe“ in dieser Krisensituation sofort abrufbar sind … also fest verankert sind im kollektiven Gedächtnis und den einzelnen Körpern. Uff, das soll die Mitte sein? Und, reden wir mal über Analogien – sie wollen vermeintlich staatskritisch sein, laufen aber jemandem hinterher, der ein „Reich des Lichts“ gründen will??? Klingelt da nicht was in den Ohren? … wtf.

Donnerstag, 23. April 2020

Deutschland, unverwundbar

Ich erinnere mich an Diskussionen vor langer, langer Zeit, da war die Rede davon, dass langsame Öffnungen von systematischen Testungen auf Covid und einem systematischen Rückverfolgen von Ansteckungsketten begleitet werden sollte. Habe ich etwas überhört, oder ist davon wirklich nicht mehr die Rede? Ich bin nicht scharf auf Tracking-Apps, aber wir, die wir den ganzen Tag mit eingeschaltetem GPS herumlaufen, sind auch jetzt schon nicht wirklich nicht getrackt … Wie dem auch sei. Ich bin extrem verwirrt. Es ist wie das schöne physikalische Gesetz (wie hieß das nochmal?): Lockerungen auf der einen Seite müssten, damit es funktioniert, mit einer viel strengeren Einhaltung der Kontaktsperre auf der anderen Seite einhergehen. Lockerung auf beiden Seiten heißt: Wir werden die langen Sommernächte beim zweiten, diesmal ernsthaften Lockdown eingesperrt verbringen (siehe F, ES, IT). (Ein Euphemismus für exponentielles Anwachsen der Ansteckungsfälle und, ja, derer, die daran sterben.) Und die Schulen (wirklich keine Frage, bei der es ein einfaches Ja oder Nein gibt), aber: Man hätte sagen können, okay, die schwarze Null, die ja erstmal für die Schulmisere verantwortlich ist, ist eh gekippt, jetzt stecken wir richtig Geld rein: technologische Ausstattung, Hygiene, Fortbildungen im Fernunterricht … Wenn schon nicht für jetzt, dann für die Zukunft. Und ein bisschen schon für jetzt. Nein. Es wird geöffnet, ohne ernsthafte Maßnahmen ergriffen zu haben, und es wird einfach so weitergehen mit der Schulmisere. Bloß nicht am System rütteln. Massenhaft Tests? Zu teuer, sagen Sie? Unter dem Strich wird das, was jetzt kommt, wesentlich teurer werden. Mir kommt es vor, als wäre man vom eingeschlagenen Weg des trial & error einfach auf den Weg „try the worst thing, although you know it better“ abgebogen. Wahrscheinlich denkt Deutschland immer noch, es sei unverwundbar.