Es ist schon bezeichnend, wie jetzt so getan wird, als würde
das „Nein“ der Griechen zu einer humanitären Katastrophe führen; als gäbe es nicht schon eine sich abzeichnende humanitäre Katastrophe, die zum „Nein“ geführt hat;
eine Katastrophe, die, das sagen auch anerkannte Ökonomen (das wissen alle), Folge von
Austeritätsmaßnahmen sind, die ganz offensichtlich keine Wirtschaft ankurbeln,
sondern nur wenigen nützen: den Investoren in die privatisierten
Staatsbetriebe, denen, die auf Staatsanleihen spekulieren, Gewinne machen, aber
keine Verluste machen wollen. Es sind Sparmaßnahmen, die in erster Linie die
Ausgabenseite im Blick haben, nicht die Einnahmenseite. Hat im Übrigen mal
jemand die Zahl berechnet, wie viel an der Krise Griechenlands verdient worden
ist? Zusammengerechnet Staaten und private Investoren? Deutschland allein,
schreibt die Zeit im März 2012, habe bis 2011 380 Millionen Euro Zinsen aus den
Hilfspaketen genannten Anleihen eingenommen.
Ohne Zweifel gibt es in Griechenland große Probleme mit
Korruption, mit dem Steuerzahlen an sich, es gibt Gesetze, die Sonderstellungen
für die Reeder garantieren etc. etc.. Aber wie die europäischen „Partner“ ihre
Politik als alternativlos darstellen (ja, es geht nicht zuletzt um
Definitionsmacht), wie sie sich wie
beleidigte Eltern gebären, die ja nur das Beste wollten für die undankbaren
Griechen, wie sie sich als die heiligen helfenden Schäfchen darstellen, ist
kaum auszuhalten. „Dialog unter Erwachsenen“ wünschte sich Frau Lagarde im Juni.
Klar, Erwachsen sind die, die vernünftige, neoliberale Politik vertreten. Alle
anderen: Kinder. Selbst Zeitungen, denen man keine Freundschaft für Tsipras
unterstellen kann (die Zeit, Süddeutsche, FAZ), haben in den letzten Wochen
empörte Artikel über die in dieser Hinsicht verlogene Haltung der europäischen „Partner“
publiziert. Alles wissen: Es geht auch
um ein Exempel. Es geht darum, eine Regierung regierungsunfähig zu machen, die der
neoliberalen Chefideologie eine Absage
erteilt. Und nicht zuletzt geht es darum, die spanischen Wähler zu warnen: Wenn
ihr „podemos“ wählt, wird es euch genau so ergehen.
Es wird sehr interessant (und beängstigend) sein, wie in den
nächsten Tagen mit welchen Worten über Griechenland berichtet wird. Wer etwas
dazu sagen darf: Gestern zum Beispiel, im Brennpunkt der ARD zu Griechenland,
war der einzige befrage Politiker ein Vertreter der CSU-nahen EVP (Europäische
Volkspartei), der genau in dieses Horn blies: Wir hier, die Guten, dort die
bösen Griechen, die wir nun leider bestrafen müssen. Als ginge es hier um ein
Erziehungsprogramm. Man stelle sich mal vor, man würde Deutschland aufbürden,
was man den Griechen aufbürdet …
P.S.
„Der Deutsche Aktienindex Dax hat nach dem
Referendums-Wochenende gut zwei
Prozent im Minus eröffnet, allerdings zeigte die Kurve am frühen
Vormittag nach oben. Um 9.10 stand der Dax noch gut 1,5 Prozent niedriger als am Freitag“. Und, letzte Nachricht: „Varoufakis
Rücktritt stärkt den Eurokurs“ (Spiegel online). Dann ist ja alles gut.
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